(Graz, 31.10.2017) Während gestern die mündliche Verhandlung im Landesverwaltungsgericht Steiermark in der der Burggasse 13 klar zeigte, dass die Polizei vorwiegend auf ungeprüften und sehr vagen Vermutungen offenbar aus Gefälligkeit – weil gerade Polizeieinheiten frei waren – auf den Tag genau vor 12 Wochen rechtswidrig das Murcamp räumte, fingen nun jene Baumschlägerung bei der Wohnanlage Langedelwehr an, die damals als Grund für die Campräumung genannt wurden. Augenscheinlicher lässt sich die Missachtung des Rechtsstaates nicht zeigen.
Der vom Abteilungsleiter der sicherheits- und verwaltungspolizeilichen Abteilung SVA 3 und somit für den Schutz von Versammlungen zuständige Mag. Herbert Fuik vorgelegte Gestattungsvertrag zwischen Land Steiermark und Energie Steiermark AG für das dem Bund gehörende „öffentliche Wassergut“ (Muruferböschung) rechtfertigt nämlich keinesfalls die Absperrung und Räumung des Privatgrundstücks der Wohnhauseigentümergemeinschaft Langedelwehr, und schon gar nicht 3 Monate vor Baubeginn!
Nicht einmal die Bauarbeiten für den Zentralen Speicherkanal werden dadurch legitimiert, für den angeblich die Baumrodungen gemacht werden, weil dazu zusätzlich ein Bescheid des Landes Steiermark zur Nutzung des öffentlichen Wasserguts nach § 4 Wasserrechtsgesetz (WRG) notwendig ist, der ebenfalls nicht vorgelegt wurde und über dessen Existenz oder Nichtexistenz weiter nur Vermutungen angestellt werden können.
Ebenso bleibt das Land Steiermark weiter schon mehr als 2 Wochen in Verzug mit die Auskunft nach Auskunftspflichtgesetz über die Verlängerung der wasserrechtlichen Baugenehmigung für das Murkraftwerk.
Obwohl die Behörden also offenbar weiter alles daran setzen, wesentliche rechtliche Grundlagen für Murkraftwerk und Zentralen Speicherkanal zu verbergen, fahren die Baufirmen mit den Rodungen und Bauarbeiten ungehindert fort. Obwohl die Stadt Graz selbst fast nichts vom 160 Millionen Euro Grab für Kanal und Murkraftwerk hat, das im Winter nur 4 MW Strom erzeugt aber den Schuldenstand der Stadt weiter erhöht, fahren die PolitikerInnen und BeamtInnen damit fort, dieses Skandalprojekt weiter mit allen Mitteln zu verteidigen. Auch unter Verletzung wesentlicher demokratischer Grundrechte wie der Versammlungs- und Meinungsfreiheit.
Punktueller Widerstand und Symptombekämpfung bringen wenig, wenn Politik und Medien fast alles verschweigen!
Was der Kampf zum Schutz der Mur und der Stadt Graz vor Murkraftwerk und Speicherkanal auf jeden Fall zeigt ist, dass an einzelnen Symptomen ansetzender äußerer Widerstand wenig bringt, wenn die hinter dem Projekt stehenden, treibenden Kräfte des politökonomischen Sumpfes weiter verborgen bleiben.
Das Lostreten von Neuwahlen durch die Opposition bringt wenig, wenn diese den zu vermutenden Politfilz dann nicht endlich sichtbar macht! Fragen über die weitere Vorgangsweise und einen runden Tisch aller noch engagierten Organisationen bleiben gerade nach den mehr schlecht als recht geschlagenen Wahlen offen. Die praktizierte Fassadendemokratie1 bleibt unangefochten. Viele Versprechungen bleiben vorerst leere Worte und sollten dringend umgesetzt und in Angriff genommen werden.
Besonders unrühmlich ist die Rolle der Medien, die lediglich wenn es sein musste, recht oberflächlich und mitunter sehr einseitig über äußere Ereignisse berichtete, in der Sache selbst keine eigenen Recherchen betreibt und schon gar nicht in die Tiefe bohrt. Wenig verwunderlich daher, dass heute, wo die Unwissenheit der Steiermärkischen Polizeidirektion, die sich auf nicht näher geschilderte und offenbar auch nicht protokollierte Treffen der Stadtpolizei mit BehördenvertreterInnen berief, keine MedienvertreterInnen im Landesverwaltungsgericht gesichtet wurden.
Die Verhandlungsführung durch Richter Dr. Erich Kundegraber war jedenfalls die erste fair geführte und im Rahmen des Möglichen um Tatsachenfeststellung bemühte Gerichtsverhandlung die wir im Zusammenhang mit den Protesten gegen das umstrittene Murkraftwerk erlebt haben. Das lässt darauf hoffen, dass der Rechtsstaat zumindest schrittweise Einzug in Graz hält.
Einstweilen wird offenbar unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Hofberichterstattung in kleinen Schritten weiter gerodet und die Mur zum Wohle der Baukonzerne Porr und Granitbau zu verbetonieren und sogar über das unaufgearbeitete Areal eines NS-Zwangsarbeiterlager „drüberzupflastern“.
Die unabhängige Informationsplattform murXkraftwerk.at wird jedenfalls im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiter versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen und Ideen für eine breite, transparente Demokratiebewegung in Graz propagieren. Erster Schritt dazu ist die Verbreitung von Informationen von allen engagierten Gruppen und Personen, in der Hoffnung, dass auch diese selbst vermehrt transparent und demokratisch zusammen arbeiten.
Sobald das Urteil vorliegt, werden wir natürlich ausführlich darüber berichten und alles veröffentlichen!
Weitere Informationen:
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Unbekannter Verlängerungsbescheid Murkraftwerk Graz: Was haben die Landesregierung und die EStAG nur zu verbergen? (16.10.2017)
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Foto von Protest gegen Baumrodungen durch Baggerbesetzung (30.10.2017)
1 http://mediashop.at/buecher/fassadendemokratie-und-tiefer-staat-2/
https://www.rubikon.news/artikel/fassadendemokratie-und-tiefer-staat