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Antwort des Justizministers auf Anfrage und Beschwerde über Schikane gegen Prozessbeobachterinnen

Von Murxredaktion am So., 11.06.2017 - 13:02

Sehr geehrte Frau Rausch!

Der Bundesminister für Justiz hat Ihr Schreiben vom 29. Mai 2017 erhalten. Ich nehme dazu als Leiter der für die bundesweite Dienstaufsicht über Richterinnen und Richter zuständigen Abteilung im Bundesministerium für Justiz wie folgt Stellung:

Wie Sie ganz richtig festhalten, normiert Artikel 90 Abs. 1 der österreichischen Bundesverfassung (in Verbindung mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention) den Mündlichkeits- und Öffentlichkeitsgrundsatz sowie implizit den Unmittelbarkeitsgrundsatz in Zivil- und Strafverfahren.

Sinn und Zweck des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist die Kontrolle der Ausübung der Gerichtsbarkeit und damit die Verhinderung einer Kabinetts- oder Geheimjustiz. Wesentlich ist jedoch, dass aus dem Grundsatz der öffentlichen Verhandlung kein subjektives Recht des Einzelnen abzuleiten ist, an einer bestimmten Verhandlung teilzunehmen.

Die Zulässigkeit der teilweisen Beschränkung oder des Ausschlusses der Öffentlichkeit ergibt sich aus gesetzlichen Bestimmungen, wobei für den zivilgerichtlichen Bereich auf die Regelung des § 171 der österreichischen Zivilprozessordnung zu verweisen ist.

Der Begriff der Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilverfahren erfordert Em, dass der Zutritt zur mündlichen Verhandlung schlechthin allen interessierten Personen nach ihrem Belieben und ohne zahlenmäßige Begrenzung möglich sein muss. Es sind stets diejenigen Beschränkungen des Zutritts gestattet, welche die Raumverhältnisse und die Handhabung der Ordnung erfordern, wenn sie nur nicht so weit gehen, dass sie einem tatsächlichen Ausschluss der Öffentlichkeit gleichkommen. insbesondere die Durchführung einer Verhandlung in einem kleinen Sitzungszimmer bzw. Gerichtssaal verletzt die Öffentlichkeit nicht, wenn grundsätzlich jedermann Zutritt hat, Zuhörern/Zuhörerinnen aber aus Kapazitätsgründen und unter Außerachtlassung selektiver Kriterien der Einlass verwehrt wird.

Im Interesse der Sicherheit und Ordnung im Gerichtssaal ist es auch ohne Beeinträchtigung der Öffentlichkeit zulässig, nur Personen zu gestatten, die sich mit einem Lichtbildausweis legitimieren können sowie Kopien der Lichtbildausweise anzufertigen. Entsprechende Maßnahmen können einerseits vom zuständigen Richter/von der zuständigen Richterin im Rahmen der Sitzungspolizei und andererseits von Organen der Justizverwaltung veranlasst werden.

Das Gesetz verpflichtet das Gericht überdies nicht, die Ausschreibung seiner mündlichen Zivilverhandlungen zur Verständigung potentieller Zuhörer/Zuhörerinnen öffentlich (im Sinne eines Aushanges) bekannt zu machen.

Vor diesem Hintergrund widerspricht das von Ihnen geschilderte Vorgehen der verantwortlichen .Justizorgane des Bezirksgerichtes Graz-Ost nicht dem Öffentlichkeitsgrundsatz, sodass aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz kein Anlass für weitergehende Maßnahmen besteht.

Betreffend die von Ihnen darüber hinaus formulierten Fragen

- Wer hat die Anweisung zur Anfertigung von Kopien der Personalausweise gegeben?

- Was wurde mit den Kopien der Personalausweise gemacht und wie lange

werden/wurden diese aufbewahrt?

liegen dem Bundesministerium für Justiz keine Informationen vor, sodass ich Sie diesbezüglich an die Vorsteherin des Bezirksgerichtes Graz-Ost verweisen darf.

Mit freundlichen Grüßen

Wien, 09. Juni 2017

Für den Bundesminister:

Mag. Gerhard Nogratnig, LL.M. Eur.

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