DI. Gottfried W.
8010 GRAZ
5. Juli 2017
An die
Landespolizeidirektion Steiermark
SVA 3 Sicherheitsverwaltung
z.H. Mag. Fuik
8010 Graz, Parkring 4
Betrifft: VO. vom 3.7.2017 bzgl. „Auflösung einer Besetzung“ von 3 Grundstücken im Bezirk (KG.) Jakomini, GZ. E1/53694/2017
Sehr geehrter Herr Hofrat!
Gestern am Abend konnte ich mich über die derzeitige Lage im Bereich der Wohnanlage Am Langedelwehr bzw. des so genannten „Camps“ informieren und habe u.a. die Verordnung der Landespolizeidirektion gesehen.
In dieser Verordnung ist explizit als Grundlage der § 37 des Sicherheitspolizei-gesetzes genannt.
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10005792
In Punkt 1) dieser Verordnung wird verlangt, dass die Grundstücke Nr. 2108, 2697/1 und 2144, (alle KG. Jakomini), im Bereich der Wohnanlage Am Langedelwehr und der Mur mit sofortiger Wirkung zu verlassen sind.
Das Betretungsverbot (Punkt 2) bezieht sich ohne Einschränkung (!) auf die Parzellen 2108, 2697/1 und 2144, alle KG. Jakomini;
das Verbot des Aufenthalts bezieht sich ohne Einschränkung gemäß Punkt 3) auf „die anwesenden Personen“.
In Punkt 4) dieser Verordnung werden die Organe des öffentlichen Sicherheits-dienstes ermächtigt, die „Besetzer“ von der im Pt. 1 genannten Örtlichkeit wegzuweisen.
Gemäß § 37 Sicherheitspolizeigesetz wird explizit auf den § 36 Abs. 4 verwiesen, in dem u.a. geregelt ist:/p>
„Die Sicherheitsbehörde hat dafür zu sorgen, dass die Untersagung des Betretens möglichen Betroffenen zur Kenntnis gelangt. Die Verordnung ist aufzuheben, sobald keine Gefahr mehr besteht, und tritt jedenfalls sechs Stunden nach ihrer Erlassung außer Kraft.“
Zuerst zu § 36 Abs. 4:
Hier ist klar geregelt, dass dafür zu sorgen ist, dass
+ die Untersagung des Betretens möglichen Betroffenen zur Kenntnis gelangt;
-
dies ist vor der zwangsweisen Räumung zu keinem Zeitpunkt erfolgt;
+ die Verordnung ist aufzuheben, sobald keine Gefahr mehr besteht;
-
hier ist zu hinterfragen, ob überhaupt jemals eine Gefahr bestand; wer kann am 3.7.17 jemand gefährdet haben, kann diese Gefährdung einen längeren Zeitraum angedauert haben und warum ist sie nicht nach spätestens 6 Stunden aufgehoben worden ?
Ergänzend: jetzt zu Mittag (5.7.17) konnte ich mich überzeugen,
dass diese Verordnung immer noch im Bereich Angergasse / Langedelwehr angeschlagen ist und dass offensichtlich ein privater Sicherheitsdienst die Einhaltung der Verordnung überwacht,
wer kann diese Personen (im Widerspruch zu § 37 Abs. 1 Zif.2) dazu überhaupt ermächtigt haben?
Und: die maximale Frist ist seit 2 Tagen (bzw. ca. 48 Stunden) abgelaufen!
Zum Punkt 1) dieser Verordnung (GZ E1/53694/2017),
wonach die Grundstücke Nr. 2108, 2697/1 und 2144 im Bereich der Wohnanlage Am Langedelwehr und der Mur mit sofortiger Wirkung zu verlassen sind.
Durch diese Formulierung wird jedenfalls Verwirrung erzeugt, da das Grundstück Nr. 2144 überhaupt nicht in diesem Bereich zwischen der Wohnanlage und der Mur liegt (sondern zu 100 % südlich davon). In der Verordnung wird behauptet, dass von diesem Eigentümer (- also von der Stadt Graz -) eine Auflösung der Besetzung verlangt worden ist. Dieses Grundstück der Stadt liegt überhaupt nicht im Bereich der „vorgenannten Örtlichkeit“ der Verordnung. Dies ist hochgradig aufklärungsbedürftig!
Von zuständigen Vertretern des öffentlichen Wassergutes (bzw. der „Mur-regulierungsConcurrenz“) ist keiner anwesenden Person gegenüber ein Widerspruch zur Benutzung geäußert worden, weder schriftlich noch mündlich und würde – da es sich ja um öffentliche Flächen handelt - auch eine sachliche bzw. rechtliche Begründung erfordern.
Schwieriger ist es bei den (mehr als 100) Eigentümern der Wohnanlage Am Langedelwehr, da es möglicherweise unterschiedliche Meinungen gibt. Selbst kenne ich 1 Person, die diese „Räumung“ positiv gesehen hat, aber mehrere andere, die diese „Räumung“ als Übergriff oder als unzulässig gesehen haben.
Schwieriger ist es auch bei der Hausverwaltung, die fallweise als Vertreterin der Bewohner/innen angesehen wird, aber in einer Doppelfunktion tätig ist:
einerseits als Vertreterin der Anliegen der Eigentümer und andererseits als Sub-Unternehmerin bei der Errichtung des Mur-Kraftwerks.
Welche/r Eigentümer haben/hat wirklich die Auflösung der (angeblichen) „Besetzung“ verlangt ?
Es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: im Zuge der rechtlichen Verfahren für die Errichtung von Kraftwerk und Speicherkanal hat sich herausgestellt, dass dieser Weg zwischen der Wohnanlage Am Langedelwehr und der Böschung zur Mur u.a. auch als Feuerwehrzufahrt dient und dies ist mit ein Grund, dass die Inanspruchnahme dieses Weges für Bautätigkeiten im Zuge des Kraftwerks-baues umstritten ist und zur rechtlichen Klärung das Bundesverwaltungsgericht angerufen wurde.
Zum Punkt 2) dieser Verordnung, wonach das Betreten dieser Grundstücke (Nr. 2108, 2697/1 und 2144, KG. Jakomini) untersagt wird.
Dieser Text unter Punkt 2 der Verordnung weist keinerlei Einschränkung auf, also müsste er auch für die Personen des Wachdienstes gelten und auch für jene Personen, die auf dem Grundstück 2144 (im Eigentum der Stadt) gerade dabei sind „Ordnung“ zu schaffen, wobei offensichtlich auch die Beseitigung von Sträuchern und Bäumen fällt (und dies in der Praxis einen deutlich größeren Eingriff darstellt als alle bisherigen Nutzungen seit 1945 zusammen).
Dieser Text unter Punkt 2 der Verordnung weist keinerlei Einschränkung auf, also gilt er auch für das gesamte Grundstück Nr. 2108 und auch für alle Personen. Ist Ihnen bei der Formulierung dieser Passage klar gewesen, dass bei Umsetzung dieser Bestimmung nicht einmal mehr die Bewohner/innen der Siedlung Am Langedelwehr ihr Grundstück und ihre Wohnungen betreten dürften?
Deshalb mein Anliegen:
Bitte ziehen Sie diese Verordnung so rasch wie möglich zurück und bitte veranlassen Sie die Entfernung dieser immer noch öffentlich angebrachten Verordnung im Bereich Angergasse – Langedelwehr!
Mit freundlichen Grüßen
Gottfried W.