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Bericht über den ersten Verhandlungstag EStAG vs. Franz Keppel, BG Graz Ost 8.5.2017

Submitted by Murxredaktion on Fri, 06/23/2017 - 13:06

Montag, 8.5.2017
Verhandung Franz Keppel (8.30 Uhr)
Verhandlung Dr. Romana Ull (9.15 Uhr)
BG Graz Ost Radetzkystraße 27, 8010 Graz
Richterin: Mag. Danieal Seidl

Bericht 1/4 Richterin

Die junge Richterin Mag. Daniela Seidl betritt in Begleitung einer Assistentin den Saal. Sie wirkt streng und etwas gestresst. Sie schickt Menschen aus dem Saal, die keinen Sitzplatz mehr ergattert haben, fängt dann aber doch mit der Verhandlung wegen Besitzstörung gegen Franz Keppel an, als nur mehr wenige Menschen stehen bzw am Boden sitzen. Sie diktiert 8:35 als Beginn der Verhandlung.

Den Schriftsatz des Verteidigers hat sie noch nicht erhalten. Der Anwalt der Klägerin meint, er habe den Schriftsatz am Freitag um 9:45 erhalten. Die Richterin schickt die Assistentin um den Schriftsatz. Er kommt ohne Honorierung zum Akt, weil die Wochenfrist nicht eingehalten wurde.

Der Verteidiger erklärt, der Beklagte hätte sich als Beobachter auf der Olympiawiese befunden, wo am ganzen Tag ausgedehnte Demonstrationen stattgefunden hätten. Am Vormittag seien 100 Aktivisten und Medienvertreter von ATV, Kleiner Zeitung und insbesondere Urs Harnik von der Energie Steiermark AG dort gewesen. Franz Keppel habe die Vorgänge für „Rettet die Mur“ und „Naturschutzbund Steiermark“ dokumentiert. Dabei habe er einen Presseausweis mitgeführt. Franz Keppel sei bei Befürworten und Gegnern des Murkraftwerks bekannt und betreibe auch einen youtube-Kanal. Es gäbe ein Foto, auf dem Keppel und Günter Pilch zu erkennen seien. Letzterer habe für die Kleine Zeitung an einem Liveticker geschrieben. Trotzdem stünde am Foto, er (Pilch) sei unbekannt.

Zudem sei die 30-Tage Frist laut ZPO nicht gewahrt worden. Diese Frist zur Einbringung der Besitzstörungsklage sei am 17.3. zu Ende gegangen. Klage wurde erst am 20.3. erhoben. Die Begründung dafür sei die Recherche zur Identität des Beklagten. Tatsächlich sei dieser aber schon seit Jahren bekannt gewesen. So war er zB bei der UVP-Verhandlung anwesend, hätte zahlreiche öffentliche Veranstaltungen mit Vertretern der Estag besucht und am Vorfallstag habe er sich mehrfach mit dem Pressesprecher der Energie Steiermark AG, Urs Harnik, unterhalten.

Zudem läge keine Besitzstörung nach § 339 ABGB vor, da der Beklagte keinen Nachteil für die Klägerin verursacht hätte. Weiters wird der Einwand der Schikane erhoben. Der Rechtfertigungsgrund sei Art 10 EMRK, die Pressefreiheit.

Der Anwalt der Klägerin bestreitet und verweist auf seinen Schriftsatz. Für eine Klage bräuchte es Namen und vollständige Adresse des Beklagten. Diese sei erst am 20.3. durch Recherche eines Sicherheitsdienstes bekannt geworden. Der Presseausweis sei handgestrickt und nicht echt, weil es sich um einen Brief des Naturschutzbundes handle. Der Beklagte sei geradezu führend tätig gewesen und durch seine Agitation seien Maschinen stillgestanden. Es hätte ja bereits Verhandlungen gegeben und es sei aus dieser Verhandlung viel zu übernehmen.

Der Verteidiger meint, es gäbe nichts zu übernehmen, da es keine Überschneidungen mit bisherigen Prozessen gäbe.

Die Richterin kündigt an, sich zuerst auf die Einhaltung der 30 Tage Frist beschränken zu wollen. Als Beweise gäbe es die PV, also die Aussage, von Keppel.

Außerdem möchte die Klägerin die Aussage von Christian Summer einbringen. Dieser sei aber nicht geladen und nicht anwesend. Derweilen spielt der Geschäftsführer der Klägerin, Mag. Johannes Pratl, am Handy herum und tippt. Es herrscht Handyverbot. Die Richterin scheint nicht so streng zu sein, wie anfangs vermutet. Auch die von ihr so genannte "Öffentlichkeit" steht und sitzt teilweise noch am Boden. Die Richterin verschiebt die Tagsatzung aus unbestimmte Zeit und diktiert 8:52 als Ende der Verhandlung ein. Die Richterin wirkt entspannt und lächelt.

Pause zwischen den Verhandlungen

Nationalratsabgeordneter Werner Kogler ist mittlerweile unter den Prozessbeobachtern. Er spricht die Richterin auf den kleinen Verhandlungssaal an und ersucht um eine Verlegung in einen größeren Saal. Die Richterin scheint wieder genervt und sagt, dass das ihr Verhandlungssaal für Montag sei und normalerweise eben weniger Personen anwesend wären. Werner Kogler weist darauf hin, dass der Saal "G" noch zur Verfügung stünde. Die Richterin weiß nicht, ob der frei ist. Wieder sitzen einige auf Sesseln und wenige stehen oder sitzen am Boden.

Die Richterin beginnt und stellt fest, dass der Schriftsatz Dr. Ull erst letzte Woche zugestellt wurde. Sie fragt, ob Dr. Ull diesen trotzdem gelesen hätte. Dr. Ull bejaht, bestreitet aber den Klagevorwurf und beantragt, die Klage abzuweisen. Die Richterin will die Begründung zunächst mündlich von Dr. Ull hören und erst dann den Schriftsatz von ihr annehmen. Gleichzeitig sinnt sie darüber nach, wie es passieren konnte, dass der Schriftsatz so spät an Dr. Ull zugestellt wurde, immerhin habe sie am 25. verfügt, dass dieser am 26.4. rausgehen solle. Dr. Ull meint, dass das für sie kein Problem sei. Mit der Besetzung habe sie allerdings nichts zu tun.

Die Richterin präzisiert, dass Dr. Ull also bestreitet und eine kostenpflichtige Klagsabweisung wolle. Dr. Ull bejaht. Sie sei unabhängig von der Besetzung vor Ort gewesen und habe einen bis 28.2. genehmigten Infostand besucht. Die Richterin möchte wissen, ob sich der Infostand am Areal befunden habe. Dr. Ull bejaht. Die Richterin fragt, ob eine Genehmigung für den Infostand bestand. Dr. Ull bejaht auch das. Die Richterin diktiert. Dr. Ull zeigt einen Übersichtsplan zum Visualisieren.

Der Anwalt der Klägerin platzt heraus: "Ich weiss, wo Sie waren, im abgesperrten Bereich auf der Uferböschung. Es gibt ein Video." Der Anwalt wird von allen anderen ignoriert.

Die Richterin fragt Dr. Ull, ob sie einzeichnen wolle, wo sie sich aufgehalten habe. Das kommt zu Akt. Dr. Ull fährt mit ihrer Begründung fort, sie nehme an, dass eine behördliche Genehmigung zum Aufstellen eines Infostandes auch das Recht beinhaltet, einen Zugang zum Infostand zu haben. Außerdem habe sie im Auftrag des Naturschutzbundes Würfelnattern gesucht und die Einhaltung der Auflagen kontrolliert. Derweilen tippt Mag. Pratl weiter am Handy. Die Richterin lässt sich von Dr. Ull die Schriftstücke geben und diktiert. Die Richterin bemerkt, dass das Diktiergerät nicht aufgezeichnet hat und beginnt erneut zu diktieren.

Mag. Pratl tippt weiter am Handy.

Die Zustimmungserklärung des Naturschutzbundes vom 27.8.2009 und die Mail vom 13.2.17, in der Dr. Ull ihre Sorge um die Würfelnattern ausdrückt, kommen zum Akt.

Als Dr. Ull zur Baustelle gekommen sei, habe es dort durch die Besetzung keine Bauaktivitäten gegeben. Sie habe keine Anzeichen für eine Besitzstörung gesehen. Sie habe mit Frau Rossbaud vom ORF ein Interview geführt und habe keinen Schaden verursacht.

Die Unterlassungserklärung sei wegen der Frist unzumutbar, es handle sich um ein unzulässiges Begehren und das zudem zu unbestimmt sei. All das kommt in den Akt. Dr. Ull ergänzt, dass ihr nach dem Plan in der Unterlassungserklärung untersagt wäre, sich in halb Graz aufzuhalten. Die Richterin diktiert weiter.

Dr. Ull behauptet, der Gegnerin bekannt zu sein. Urs Harnik und Herr Jauk würden sie persönlich kennen. Es gäbe eine Mail vom 21.1., die das beweisen würde. Jauk ist dem Gericht unbekannt. Ein Zwischenruf aus "der Öffentlichkeit" erklärt, wer Jauk ist. Mag. Pratl zeigt sich genervt und erläutert, dass Jauk der Geschäftsführer der Energie Steiermark Green Power GmbH sei.

Dr. Ull fährt mit ihren Beweisen fort, dass sie bei der Energie Steiermark bekannt gewesen sei. So habe sie bei der Veranstaltung "mehr Zeit für Graz" gemeinsam mit Urs Harnik am Podium gesessen. Harnik habe sie am Vorfallstag persönlich angesprochen, nun das Gelände zu verlassen. Dieser Aufforderung sei sie unverzüglich gefolgt. Damit sei ihre Identität bereits am 15.2. bekannt gewesen. Die Zustellung der Klage sei überdies an ihre Firmenadresse gegangen und nicht an ihre Privatadresse. Die Richterin fragt nach, ob die Schriftstücke in Zukunft an die Privatadresse gehen sollen. Dr. Ull bejaht.

Dr. Ull setzt ihre Erläuterungen fort und zitiert aus dem Liveticker der Kleinen Zeitung vom 15.2 um 13:00: "Polizeikräfte sind eingetroffen. Romana Ull kam auch vorbei mit der Aussage, dass sie illegale Aktivitäten nicht unterstützen würde" (sinngemäß). Die Richterin schaut Dr. Ull an: Sie wurden namentlich genannt.

Der Anwalt der Klägerin bestreitet das. Für eine Klage seien der vollständige Name und die vollständige Adresse nötig. Am 26.2. seien diese Daten durch Recherchen des Sicherheitsdienstes bekannt geworden, wodurch die Frist gewahrt sei. Die Beklagte hätte sich an der Uferböschung aufgehalten und dort den Baufortschritt blockiert und verzögert, was eine Besitzstörung darstelle. Es folgt eine längere Unterhaltung über den Umfang der Unterlassungserklärung.

Der Anwalt der Klägerin macht ein "günstiges Angebot". Es wirkt ein wenig wie am Markt. Mag. Pratl meint, wenn Dr. Ull den Vergleich nicht schließen würde, dann würde eben das gleich noch einmal behandelt werden und würde dann aber statt 360 Euro um die 3000 Euro kosten. "Dann werden Sie auch einen Anwalt brauchen, aber sehen Sie das nicht als Drohung." Schallendes Lachen der \"Öffentlichkeit“. Das letzte Gebot lautet auf 269.23, was bereits die Gerichtsgebühr beinhaltet. Dr. Ull akzeptiert den Vergleich bedingt. Sie will sich mit ihrem Rechtsvertreter besprechen, wozu sie drei Wochen Zeit hat. Sollte sie den Vergleich doch nicht schließen wollen, wird Urs Harnik als Zeuge geladen.

Protokoll zur Verfügung gestellt von G.F.


Bericht 3/4

Die Angeklagten samt Rechtsbeistand bzw. in Alleinvertretung

Franz Keppel wurde vom Rechtanwalt Mag. Roland Frühwirth vertreten. Franz Keppel sagte während der Verhandlung kein Wort, nur einmal beriet er sich kurz mit seinem Anwalt.

Am Beginn der Verhandlung wurde über den erst am Freitag eingelangten Antrag (Schriftsatz) der klagenden Partei gesprochen. Da bereits am Montag die Verhandlungen stattfanden, ist der Antrag (bewusst?) spät beim Angeklagten angekommen. Mag. Frühwirth fand jedoch noch Zeit sich den Schriftsatz des Klägers durchzulesen, wie er dies gegenüber der Richterin bestätigte. Der  Rechtsanwalt von Herrn Keppel las die Verteidigungsschrift gegenüber dem Gericht vor. Im Folgenden wird ein Überblick über das Verteidigungsschreiben gegeben. Der genaue Wortlaut wird nach Absprache mit Franz Keppel eventuell nachgereicht.

Franz Keppel hat am Vorfallstag als Beobachter und Vertreter von Rettet die Mur ("Huchen Franz") und dem Naturschutzbund teilgenommen. Am Vorfallstag dokumentierte er für diese beiden Initiativen und machte Fotos. Niemand vor Ort hat ihn nach seinem mitgeführten Presseausweis gefragt. Weiters ist Franz Keppel auf einem Foto gemeinsam mit Günter Pilch dem Berichterstatter der Kleinen Zeitung zu sehen. Außerdem sei die Frist für die Besitzstörung am 17.03 zu Ende gewesen und die Klage erst am 30.03, also somit zu spät eingebracht worden. Lehofer meinte, dass erst nach langen Recherchen die Identität des Angeklagten festgestellt werden konnte und somit die Verzögerung der Klage zu begründen sei. Mag. Frühwirth versicherte, dass für den Klagenden kein Schaden entstanden sei,  sondern dass die Klage reine Schikane und ein Verhindern der Ausübung der Pressefreiheit darstelle.

Mag. Frühwirth blieb bei Wortmeldungen des Vertreters der klagenden Partei immer ruhig und meinte auf die Aussage von Rechtsanwalt Bernhard Lehofer, dass bereits erste Verfahren gewonnen wurden, dass diese nichts mit dem derzeitigen Fall zu tun haben. Auch auf die Aussage des Rechtsanwaltes des Klägers, dass Franz Keppel ein selbst ernannter Journalist sei, meinte Herr Frühwirth nur, dass es Gott sein Dank jemanden gibt, der das bewerten kann.

Dr. Romana Ull verteidigte sich selbst und nahm von ihrem Recht Gebrauch, keinen Anwalt haben zu müssen. Auch bei ihr kam der zweite Schriftsatz erst am Freitag mit der Post an. Die Frage der Richterin, ob sie diesen noch gelesen hat, beantwortete Romana Ull mit ja.

Romana Ull las ihre Verteidigungsschrift selbst vor. Der genaue Wortlaut wird nach Absprache mit Romana Ull nachgereicht. Darin erklärte sie, dass sie mit den Besetzungen am 15.02 nichts zu tun habe, sondern dass sie sich lediglich zu einem Infostand, der bis zum 28.02 von der Baubezirksleitung genehmigt wurde, begeben hat. Weiters sammelte sie im Auftrag des Naturschutzbundes an der Murböschung Würfelnattern, dadurch entstand dem Kläger kein Schaden, wie sie versicherte.

Während Romana Ull ihr Verteidigungsschreiben vorbrachte, stellte die Richterin einige Verständnisfragen, auch zeichnete Romana Ull auf einem von ihr vorgelegten Plan genau ein, wo sie sich während der Baustellenbesetzung befand.

Romana Ull möchte bei der nächsten Verhandlung die Zeugen  Christian Summer und Urs Harnik Lauris (diesem hat sie laut ihren Angaben sogar eine Visitenkarte überreicht) vorladen, die bestätigen können, Romana Ull bereits vor und während der Baustellenbesetzung gekannt zu haben. Anwalt der Kraftwerkserbauer Bernhard Lehofer zufolge konnten Kraftwerkserbauer die 30-tägige Frist nicht einhalten und die Klage nicht fristgerecht zustellen, weil erst intensive Recherchen die vollen Namen und Anschriften von Ull und Keppel zutage gebracht hätten. Das klingt unglaubwürdig, denn die Angeklagte wurde während einer LifeTicker Aufnahme am 15.02 um 13:00 Uhr namentlich genannt.

Ein weiterer Punkt den Romana Ull betonte war, dass sie nicht genau wusste, welcher Bereich nun als Baustelle ausgeschildert ist und welcher nicht, da sich auf dem Gelände des Murufers zwar ein Schild mit der Aufschrift „Forstliches Sperrgebiet, betreten verboten“ befand, dieses Schild aber lediglich den Beginn des Sperrgebietes anzeigte, aber nicht sein Ende.

Der Kläger und meiner Meinung auch die Richterin empfahlen Romana Ull die Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Romana Ull ging nicht sofort auf den Deal ein woraufhin Herr Mag. Pratl in Vertretung der Murkraftwerk Graz Errichtungs- und BetriebsgmbH der Angeklagten eine „Bombenklage“ androhte.

Schließlich unterzeichnete Romana Ull die Unterlassungserklärung, denn sie hätte Besseres zu tun, als sich mit Baulöwen ständig an einen Tisch zu setzen. Sie behielt sich aber einen Widerruf vor, denn sie wolle sich gerne mit ihrem Anwalt besprechen. Als Frist für einen Einspruch wurde der 29.5. zu Protokoll genommen.

Protokoll zur Verfügung erstellt von I.B.


Bericht 4/4
Anmeldung, Verhandlungsraum, Körpersprache der Personen und Allgemeine Bemerkungen

Anmeldung:

Die Anmeldung wurde äußerst gründlich durchgeführt. Zunächst wurden alle Besucher*innen mit Rucksäcken auf die im Foyer befindlichen Safes aufmerksam gemacht. Besucher*innen mit technischem Aufnahmegerät wurden unmissverständlich angehalten, dieses ebenfalls im Safe zu deponieren.

Alle Gegenstände seiner Tasche musste man, ähnlich wie beim Einchecken in ein Flugzeug, in eine Tasse legen. Alsdann musste man sich in einen Ganzkörperscanner begeben. Der ausgehändigte Pass oder Personalausweis wurde diesmal sogar kopiert.

Besucher*innen ohne gültigen Personalausweis oder Pass wurden rigoros abgewiesen.

Nach dem Scanner, durfte man seine Tasche wieder einräumen, erhielt seinen Pass zurück und konnte in den Gang bis vor den Verhandlungssaal aufschließen. Dort befanden sich lediglich 2 x 2 Sitzplätze.

Verhandlungsraum:

Der etwa 6 x 6 m große Verhandlungsraum B war zur Radetzkystraße, also gegen Norden ausgerichtet. Er wirkte spartanisch und kühl. Die Wände waren weiß gestrichen, der Boden war ein dunkler Laminatboden. Für Besucher*innen befanden sich an der östlichen Raumseite 12 einfach wirkende Stühle. An der westlichen Raumseite waren drei Präsidiumsplätze. Im rechten Winkel dazu je zwei Plätze rechts und links vom Präsidium, welche durch Kläger samt Verteidiger (vom Besucher aus links) und Beklagten samt Verteidiger (vom Besucher aus rechts) belegt wurden.

Hinter dem Präsidium prangte ein Adler aus Stahl an der Wand. In einer östlichen Ecke stand ein silberfarbener Kleiderständer. An der Decke im Bereich zur westlichen Wandseite befand sich eine Überwachungskamera.

2 Fenster, welche die ganze Zeit über geschlossen bleiben, gaben dem Raum viel Licht.

Zulassung zur Verhandlung:

Einlass in den Verhandlungssaal erfolgt nach Aufruf aus dem Lautsprecher. Nachdem die 12 angebotenen Stühle für die rund 26 Besucher*innen viel zu wenige waren, schickte die Richterin all jene Zuhörer*innen hinaus, die keinen Sitzplatz mehr erhalten hatten. Anfragen auf Wechsel in einen größeren Saal wurden negativ beantwortet.

Während der Verhandlung:

Prozessbeobachter*innen aus unserem Kreis hatten den Auftrag, ihre Handys auszuschalten. Das Hantieren mit Handys während der Verhandlung wurde jedoch von anderen Personen ohne mit der Achsel zu zucken weiter geführt. Sogar der Kläger auf seinem Platz „spielte“ unverblümt während der Verhandlung mit dem Handy herum. Vor dem Eingang ins Gericht all seine Aufnahmegeräte und Fotoapparate abgeben zu müssen und dann ohne Widerspruch oder Aufmerksammachung durch die Richterin während der Verhandlung mit dem Handy hantieren zu dürfen, entzieht sich jeder Schlüssigkeit.

Beschreibung der Personen in Bezug auf Ihre Körpersprache:

Richterin stellt sich nicht mit Namen vor. Sie wirkt zunächst dynamisch und entschlossen. Mit Fortdauer der Verhandlungen aber eher zerstreut. So sucht sie z.B. ausgehändigte Beilagen und muss nach einer Störung ihres Diktaphons rund 2 A4 Seiten noch einmal diktieren. Sie wirkt außerdem beharrlich und unkooperativ, wenn es um die Verlegung der Verhandlung in einen anderen/größeren Saal geht. Wie an Ort und Stelle eruiert werden konnte, wäre nämlich Verhandlungssaal \"G\" frei gestanden.

Der Vertreter der Klägerin wirkt desinteressiert, spielt mit seinem Handy, atmet mehrmals gelangweilt laut durch, beginnt drohend scheinende Sätze, die er in letzter Konsequenz nicht fertig spricht; sich sozusagen noch rechtzeitig besinnt. Ein Mal legt er die Finger so entschlossen auf die Tischkante, dass sein Ring am Finger ein deutlich hörbares Klacken verursacht.

Der Anwalt der Klägerin wirkt überheblich, blättert dynamisch im mitgebrachten Aktenberg der ein Stapel von rund 20 cm ist und Rückschlüsse darauf zu lässt, dass sich darin alle Besitzstörungsklagsunterlagen von verschiedenen anderen Beklagten in diesem Zusammenhang befinden. Seine Sprache ist hektisch, selbstgefällig und selbstsicher. Einige Male entsendet er bestätigungsuchende Blicke in Richtung seines Mandanten. Einmal widerspricht er energisch seinem Auftraggeber. Mit der Anzweiflung, dass ein \"selbstgestrickter Presseausweis\" offensichtlich keine Berechtigung (nach Art. 10 Europäischer Menschenrechtskonvention auf Informations- und Pressefreiheit) hätte, schießt er den Vogel ab.

Der angeklagte Fotograf und Videofilmer wirkt besonnen und ruhig.

Der Verteidiger des Angeklagten, wirkt kompetent, offen und strukturiert.

Die ohne Verteidiger gekommene Vizepräsidentin des Naturschutzbundes wirkt konsensbereit. Selbst nicht rechtsgelehrt fragt sie punktgenau nach oder ergänzt.

Auch die Assistentin der Richterin blieb „namenlos“. Ihre einzige Aufgabe bestand in der Entgegennahme der von der Richterin überreichten Beilagen. Während der zweiten Verhandlung verlässt sie wortlos den Saal und kommt bis zum Ende der Verhandlung nie wieder zurück.

Allgemeine Bemerkungen:

Aus anderen Prozessbeobachtungen kannte ich die Abläufe in etwa. Trotzdem war diesmal alles anders. Das begann mit der Spontansolidemonstration vor dem Gericht und setzte sich in der anschließend gut besuchten Pressekonferenz fort.

Im Gericht selbst ist das Fotografieren verboten. Allerdings waren zwei Zeichner anwesend, die den einen oder anderen Beteiligten sehr toll gezeichnet haben.

Für Veranstaltungen von Pressekonferenzen rege ich dringend an, dass diese tunlichst in Extrazimmern stattfinden sollen. Das gibt vor allem Fotograf*innen und Filmer*innen aus der altenativen Szene die Möglichkeit, mit oft einfachen Geräten gute Dokumentation zu machen. Leider litten meine eigenen Videoaufnahmen unter dem Gasthauslärm, der schlechten Akustik und des leisen Sprechens der Befragten. Hätte mir das jemand gesagt, hätte ich zumindest ein Mikro mitgenommen.

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