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Murcamp geräumt - Menschenrechtsstadt Graz missachtet das Verfassungsrecht auf Versammlungsfreiheit

Von Murxredaktion am Mo., 03.07.2017 - 11:46

murcampraeumung_graz_2_polizeikette.jpgHeute in den frühen Morgenstunden wurde das Murcamp von der Polizei unter Mithilfe der Berufsfeuerwehr Graz und der Holding Graz geräumt. Um die lästige Dauerversammlung loszuwerden

hat die Polizeilandesdirektion Steiermark auf Veranlassung von Bürgermeister Siegfried Nagl sogar eine eigene Verordnung nach § 37 Absatz 1 Sicherheitspolizeigesetz erlassen, weil der Eigentümer des Grundes, "die Auflösung der Besetzung verlangt" habe und weil die als Besetzung titulierte Versammlung einen "schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des Besitzers" darstelle und der Besitzer "die Auflösung der Besetzung verlangt hat". Wer der konkrete "Besitzer" sei, wurde in der Verordnung nicht genannt.

Eine nähere Begründung warum die Stadt Graz eine Dauerversammlung ihrer BürgerInnen als "schwerwiegenden Eingriff" sieht, liefert die Verordnung nicht einmal ansatzweise. Auch ist der Paragraf im Sicherheitspolizeigesetz als verfassungswidrig anzusehen und daher beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, weil dieser nur jene Versammlungen ausnimmt, die dem Versammlungsgesetz unterliegen, aber nicht jene die durch die im Verfassungsrang stehenden Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt sein sollten.

Neben der Einschränkung der Versammlungsfreiheit müsste der Landespolizeidirektion eigentlich auffallen, dass sie da einen öffentlichen Weg sperrt, der nicht nur bei AnwohnerInnen und JoggerInnen, sondern auch bei RadfahrerInnen sehr beliebt ist.

Zug um Zug, weil ohnehin sicher unbequem, wurde also das Murcamp, das auf öffentlichem Areal stand, geräumt und wurden die errichteten Baumhäuser umgesägt. Da nur zwei Murcamper in der Nacht das Camp gesichert hatten, war es ein Leichtes für die Dutzendschaft der angerückten Kräfte, das Camp, dessen Bewohner als gewaltfreie Menschen keinen besonderen Widerstand leisteten, abzusperren und zu räumen.

Für die erst später anrückenden AktivistInnen der Rettet die Mur Bewegung blieb nichts anderes übrig, als die Verletzung der Verfassung durch die Staatsgewalt zu beobachten und zu dokumentieren. Immerhin hat es noch ein Redakteur der Kleinen Zeitung geschafft und war gekommen. Auch der KPÖ Stadtrat Robert Krotzer sowie der Grüne Landtagsabgeordnete Werner Kogler sind selbst gekommen, um die Missachtung der BürgerInnenrechte durch die schwarzblaue Stadtregierung vor Ort selbst mit zu erleben.

raeumungsverordnung.jpgOffenbar macht sich hiermit die Polizei zum Mittäter bei einem Verfassungsbruch: Die Versammlungsfreiheit ist nicht nur durch das Staatsgrundgesetz im Verfassungsrang, sondern auch durch Artikel 10 Europäische Menschenrechtskonvention, die laut Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht nur eine Aussenwirkung auf Private hat - als wenn die Stadt Graz ein Privateigentümer wäre! - sondern auch länger anhaltende Protestcamps schützt.

Statt wie von der Menschenrechtskonvention gefordert, die Ausübung des Menschenrechts und Verfassungsrechts auf Versammlungsfreiheit zu schützen, hat die Polizei aufgrund eines von der Stadt Graz veranlassten Räumungsbescheides ebendiese vermutlich völlig rechtswidrig eingeschränkt, weil diese ja um das Verfassungsrecht auf Versammlungsrecht als zuständige Behörde von diesem Verfassungsrecht weiss und es daher amtswegig zur berücksichtigen hat und eben nicht bloss aufgrund einfacher Gesetze aushebeln darf.

Besonders bedenklich ist, dass Mitarbeiter der Stadt Graz - zwei waren mit Warnjacken der Graz Holding ausgerüstet - bzw. der Kraftwerksbetreiber nicht nur die Räumung selbst filmten und fotografierten, sondern auch später kommende ZuschauerInnen besonders demonstrativ filmten, was als Einschüchterungsversuch gewertet werden kann und ebenfalls die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt. Hat Bürgermeister Nagel gar schon eine Art der politischen Polizei aufgebaut, die Informationen über Natur- und Steuergeldschützer sammeln? Eine spannende Frage die hoffentlich die bislang eher zurückhaltend agierende Opposition aufwachen lässt und für die von der schwarzblauen Koalition immer mehr mit Füssen getretenen Menschen- und Grundrechte kämpft.

Dass ausgerechnet die Menschenrechtsstadt Graz gegen die Versammlungsfreiheit selbst auf Grundstücken, die der Stadt Graz, und somit allen BürgerInnen gehören, kämpft ist mehr als bedenklich und zeigt klar die autoritären Tendenzen vom immer weiter nach Rechts abdriftenden Bürgermeister Siegfried Nagl und den dahinter stehenden politischen und wirtschaftlichen Netzwerken. Bürgermeister Siegfried Nagl scheint die Stadt Graz wie ein Konzernherr als seinen eigenen Privatbesitz zu betrachten, wo die Verfassung der Republik Österreich nicht mehr gilt.

Wenn es um den Schutz der Profite einer kleinen Minderheit auf Kosten aller geht - das wirtschaftlich unrentable Kraftwerk samt durch dieses erst "notwendig" gemachten zentralen Speicherkanal bürdet den SteuerzahlerInnen und StromkundInnen kosten in der Höhe von bis zu 200 MILLIONEN Euro auf - scheint dem Bürgermeister Siegfried Nagl der Bruch von für die Demokratie grundlegenden Verfassungsrechten kein Problem zu sein. Bürgermeister Nagl stellt sich also selbst über das Gesetz und glaubt offenbar, dass er sich als Herrscher der Stadt an keine Gesetze zu halten hat. Der Absolutismus lebt also wieder auf in der Menschenrechtsstadt Graz.

Derweilen finden im Stadtgebiet erste Protestaktionen in Form von Flash-Mobs am Grazer Hauptplatz statt.

Nachtrag 13.8.2017: Wie wir mittlerweile herausgefunden haben, gehört von den drei angeführten Grundstücken nur eines der Stadt Graz, nämlich die Kleingärten, auf deren Grundstücken das geräumte Murcamp eben nicht stand. Der Auftrag für die Räumung kam aber nur von der Stadt Graz die sich also anmaßt, das private Grundstück der Wohnanlage Langedelwehr unter Mithilfe der Polizei räumen zu lassen und über Wochen hinaus abzusperren! Gleiches gilt für das Murufer das als öffentlicher Wassergrund frei zugänglich sein muss. Die Videoaufnahmen der Mitarbeiter der Stadt Graz dürften zudem als nicht genehmigte Videoüberwachung öffentlichen Raumes rechtswidrig sein! Für die Grazer ÖVP unter Siegfried Nagl scheinen die Gesetze der Republik Österreich also nicht zu gelten!

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